Saison 2019_2020 
(Die meisten Theater-Bilder stammen von der Schauspielhaus-Homepage)
15.9.19
Zentrum Paul Klee
Alpenklang reloaded
Albin Brun Alpin Ensemble

"Brun erhielt 1995 einen Werkbeitrag von Stadt und Kanton Luzern und 1999 den Förderpreis der Gemeinde Kriens. 2001 wurde er mit dem SAC-Kulturpreis geehrt. 2013 erhielt er den mit 25'000 Schweizer Franken dotierten Kunst- und Kulturpreis der Stadt Luzern, weil er «mit seinem breiten musikalischen Schaffen seit über dreissig Jahren die Jazz- und Volksmusik sowie die Theaterlandschaft der Schweiz» präge. Er wurde 2017 vom Bundesamt für Kultur mit einem Schweizer Musikpreis ausgezeichnet." [wikipedia.org]
Wunderbar, dass Albin Brun die Volksmusik auf diese Art weiter entwickelt: Äusserst präzise und musikalisch, überraschende Klänge, Rhythmen und perfektes Zusammenspiel. Einfach sehr, sehr gut!
17.9.19
Schiffbau
Box
Leonie Böhm
Kasimir und Karoline von Ö.v. Horvath

Ödön von Horváths Kasimir und Karoline beschreibt, was eine Wirtschaftskrise mit einer Liebesbeziehung macht und wie diese intime Beziehung letztendlich zerstört wird. In Leonie Böhms Inszenierung, die sie während ihres Studiums erarbeitet hat und die ihr schlagartig grosse Aufmerksamkeit an ihrer Universität bescherte, geht es indes weniger darum, das Leben und Lieben der Kleinbürger*innen zu betrachten, als die Kasimirs und Karolines in uns selbst zu suchen. Wie findet man einen Standpunkt, bleibt persönlich und empfindsam und nah an den eigenen Impulsen, gerade wenn Lebensläufe, Erfahrungen, die Zugehörigkeit zu sozialen Milieus einen immer wieder festschreiben und trennen? "[schauspielhaus.ch]
Ganz schön deftig und auch gewöhnungsbedürftig. Will man Penislutschen wirklich auf der Bühne sehen (erste Reihe)? Allerdings ist die Inszenierung mit einem Mann als Karoline ein genialer Einfall! Und die Schauspieler sind gut!
21.9.19
Schiffbau

Halle
Yana Ross
Wunschkonzert von Franz Xaver Kroetz

"Es ist Abend. Eine Frau, allein in ihrem Apartment. Sie sieht uns nicht. Aber wir, wir schauen ihr bei jeder noch so kleinen Handbewegung zu. Abendessen, Fernsehen, Wohnungsputz, Kartenlegen: Rituale eines scheinbar belanglosen Alltags.
In Yana Ross’ viel gereister Inszenierung von Wunschkonzert schweigt die polnische Schauspielerin und neues Ensemblemitglied Danuta Stenka, 80 Minuten lang. Eine offene, für das Publikum von allen Seiten einsehbare Bühne verstärkt ihre Präsenz. Sie lebt dort, so unmittelbar nah, dass die Zuschauer*innen die Magazine mitlesen können, die sie aufschlägt. Ihre Welt ist nach einem geometrischen Plan angelegt und völlig hermetisch – doch wer sie berühren wollte, müsste nur die Hand ausstrecken. Zusammen mit dem Publikum entsteht ein Raum der stillen, vibrierenden Konzentration, der mit einfachen Handlungen und Handreichungen gefüllt wird, die nach und nach komische und absurde Dimensionen annehmen. Wunschkonzert war ein Höhepunkt der Wiener Festwochen 2016 und ist seitdem erfolgreich auf zahlreichen internationalen Festivals gelaufen, bevor es nun zur Eröffnung des neuen Schauspielhauses nach Zürich kommt. [schauspielhaus]


Stille ist übertrieben, läuft doch praktisch ununterbrochen ablenkend TV, Radio oder Computerspiel. Es läuft auf Tabletten-Selbstmord hinaus - der Aufhänger für dieses Stück? Ich bin nah dran, aber nicht drin in diesem Stück.
24.9.19
Pfauen
Christopher Rüping
Der Erste fiese Typ von Miranda Julys

"Schluckbeschwerden. Und einen Kloss im Hals, der einfach nicht verschwinden will. Philip, ihr Kollege und seit jeher der «Liebhaber in Gedanken», hat ihr deswegen einen Chromatherapeuten empfohlen. Und da wird Cheryl Glickman, Anfang 40 und alleinstehend, ihm zuliebe auch hingehen. Auch wenn sich schliesslich herausstellt, dass der über 60-jährige Philip eine andere liebt. Und – diese andere erst 16-jährig ist. Eines Tages zieht Clee, die grad 20-jährige Tochter ihrer Chefs, bei Cheryl ein. Clee hängt vor allem ab: Sie mag Fernsehen, Chips und Cola Light. Zunächst heisst es, sie bleibe nur für ein paar Tage. Doch dann breitet sie sich lust- und gewaltvoll in Cheryls Leben aus." [Schauspielhaus]
Da weht ein neuer Wind! Sehr gute, vielseitige Inszenierung, kaum Längen in den 2 1/4h. Etwas gar präsente "Claqueure" wären gar nicht nötig gewesen!


26.9.19
Pfauen
Moved bei the Motion
Sudden Rise

Sudden Rise 
ist das aktuelle Projekt der von Wu Tsang und boychild begründeten Performance-Gruppe Moved by the Motion. ... Die genreübergreifende Performance basiert auf Textfragmenten des von Moten, Tsang und boychild verfassten Textes Sudden Rise at a Given Tune. ...  Als Komposition aus Worten, filmischen Bildern, Bewegungen und Geräuschen arbeitet die Performance mit der im Surrealismus entstandenen Methode der zufälligen Textproduktion «Cadavre Exquis». Auf Projektions-
leinwänden ... werden Geschichten von Trauma und Widerstand durch die Epochen und jenseits der Zeit aufgerufen. Zeit und Raum auf der Bühne werden unentwegt umgestaltet: bewegte Bilder treffen auf aufgezeichnete, Cello- und Klavierklänge vermischen sich mit elektronischem Stimmengeflecht und digitale Raumraster brechen sich an der ans barocke Chiaroscuro erinnerenden Beleuchtung." [schauspielhaus.ch]
Projektionen von Tanzenden, die sich zeitgleich auf der Bühne bewegen, ergibt einzigartige Bühnenbilder. Sehr schön!
16.10.19
Opernhaus
Herbert Fritsch
Der Freischütz von Carl Maria von Weber

"Unsere Freischütz-Produktion, die vor drei Jahren Premiere hatte, wurde vom vielfach ausgezeichneten deutschen Schauspielregisseur Herbert Fritsch inszeniert – mit seiner unverwechselbaren Handschrift, die auf eine grellbunte und artistische, humorvolle und körperlich sehr direkte Theatersprache abzielt. Fritsch lässt seine Freischütz-Gesellschaft in den spektakulären, fantasievoll überzeichneten Kostümen von Victoria Behr um eine puppenstubenhafte Dorfkirche tanzen, kostet das Komödiantische im Stück lustvoll aus und schöpft alle Theaterkraft aus dem exaltierten Spiel von Chor und Sängersolisten mit einem ewig Unsinn treibenden Teufel Samiel immer mittendrin." [Opernhaus]
Wunderbare Inszenierung; passend zu der doch ziemlich sonderbaren Geschichte. Humorvoll, phantastisch farbig und viel Platz für skurile Auftritte.






20.10.19
Pfauen
Nicolas Stemann
Faust I von J.W. Goethe

"Dieser Faust ist weit gereist. Die Inszenierung zählt zu den wichtigsten Arbeiten der beiden Intendanten und wurde 2012 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Theater Heute wählt sie zur Inszenierung des Jahres, Benjamin von Blomberg wird als Dramaturg des Jahres ausgezeichnet und das neue Ensemblemitglied Sebastian Rudolph als Schauspieler des Jahres. In der Begründung der Jury für den 3sat-Preis des Theatertreffens steht: «So wie Nicolas Stemann Faust Ⅰ & Ⅱ inszeniert, hat man ihn noch nicht gesehen. Seine Inszenierung ist selbst ein faustisches Ereignis, ein Grübeln und Ergründen, was dieses Drama im Innersten zusammenhält, was es bereithält – für uns heute.»" [neu.schauspielhaus.ch]
Eine sagenhafte Schauspielleistung von Philipp Hochmair (Mephisto), Sebastian Rudolph (Faust) und   Patrycia Ziolkowska (Gretchen). Eine umwerfende Inszenierung!
27.10.19
Schiffbau Box
Suna Gürler
Flex

«Nachdem uns von Geburt an alle, wirklich alle – also Eltern, Nachbarn, Lehrpersonen, Freundinnen, Youtube-Tutorials, Blicke auf der Strasse, Blicke im Schwimmbad, überhaupt Blicke! – immer und immer wieder gesagt haben, wie wir uns zu verhalten haben, wie wir auszusehen haben und vor allem, was wir zu wollen haben, ist jetzt einfach mal Schluss damit. Wir wollen endlich herausbekommen, wer wir eigentlich sind. Oder sein wollen. Oder noch besser: sein könnten. Darum arbeiten wir an Flex – einem Magazin, im dem wir die Ecken unseres Hirns beleuchten, die mit Dingen vollgestopft sind, die wir da gar nicht haben wollen. Wir freuen uns auf’s Ausmisten!» So schreibt das junge theater basel über Suna Gürlers Inszenierung. Und das finden auch die sechs Spielerinnen, die bei der Entstehung zwischen 17 und 23 Jahre alt waren und für Flex sich selbst und viele Gleichaltrige gefragt haben, wie es denn wirklich um ihre Selbstbestimmung steht – warum Mädchen so oft über ihre Figur nachdenken, bevor sie an einem heissen Sommertag im Bikini ins Wasser springen, warum Mann Frau-Stereotype so mächtig sind und wie lange es noch dauert, bis wir sagen können: Der Feminismus hat kein Geschlecht. [schauspielhaus.ch]
Authentische, witzige, eindringliche und spannende Inszenierung!




17.10.19
Künstlerhaus
Boswil
Amandine Beyer & Gli Incogniti
"Ein schon seit langem gehegter Wunsch für die Boswiler Meisterkonzerte geht mit der Verpflichtung der französischen Barock-Violinistin Amandine Beyer und ihrem Ensemble Gli Incogniti in Erfüllung. Der Name des Ensembles hat sein Vorbild in der venezianischen Musikvereinigung des 17. JH: Accademia degli Incogniti. Er passt zur Vorliebe der Musikerinnen und Musiker für das Unbekannte in all seinen Formen, das Experimentieren mit Klängen, die Erschliessung neuen Repertoires oder die Wiederentdeckung der "Klassiker".
Ihre engagierte und stilistisch geschlossene Sicht auf die präsentierten Werke gilt dem Übergang vom Barock zur Klassik mit Richter und Haydn, vor allem aber mit Carl Philpp Emanuel Bach, der in seiner Musik visionär Empfindsamkeit sowie Sturm und Drang vereint." [Boswil aktuell]
Ein wunderbares Konzert mit einem hoch präzisen, virtuosen und lustvollen Ensemble!


22.11.19
Pfauen

 

Milo Rau
Orest in Mossul

"
Milo Rau, künstlerischer Leiter des NTGent, inszeniert Aischylos’ Orestie für die heutige Zeit. Die Idee dazu entstand 2016 während der Recherchearbeiten für seine Produktion Empire im Nordirak an der Kriegsfront mit dem IS. «Es war, als befände man sich gleichzeitig in einer Fernsehszene und in einem klassischen Epos», erklärt Rau. Wie lässt sich die nicht enden wollende Gewaltspirale aufhalten, in der sich die Beteiligten des Bürgerkrieges in Syrien und im Irak sowie ihre westlichen Alliierten befinden? In den ersten beiden Akten von Aischylos’ Orestie scheint es keinen Ausweg zu geben und nur eine vermag der Gewalt schliesslich ein Ende zu setzen: Die Göttin Athene. Sie besänftigt die Rachegöttinnen, indem sie ihnen einen Platz in der Gesellschaft zuteilt – wo der Hass versagt hat, bahnt sich nun die Liebe einen siegreichen Weg.
Gemeinsam mit einem internationalen Ensemble versucht Milo Rau, die antike Pracht der Tragödie zu bewahren und sie zugleich mit aktuellen Konflikten zu verknüpfen. Welche Bedeutung kann der Orestie heute zukommen, in Europa und in Mossul? Als Startschuss und erste Zusammenarbeit zwischen dem Schauspielhaus Zürich und dem NTGent ist Orest in Mossul in der Regie von Milo Rau die erste Produktion des NTGent, die am Schauspielhaus Zürich aufgeführt wird." [schauspielhaus.ch]
Geglückt ist die Zusammenarbeit, aber auch diese Produktion. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt prägt unsere Zeit genauso wie viele Schauspiele der Antike. Mutig!



28.11.19
Pfauen
Christopher Rüping
Früchte des Zorns nach John Steinbeck

"Alle können es schaffen. Nur anstrengen muss man sich, arbeiten, fleissig sein und sich nicht schonen. Dann können weder Armut noch Naturkatastrophen und schon gar nicht andere Menschen einen aufhalten. So ist zu Beginn von John Steinbecks epochalem Amerika-Epos die Familie Joad überzeugt und mit diesem Glauben zieht sie los in den goldenen Westen, wo überall Orangen wachsen und es Arbeit für jeden gibt. So heisst es. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Nicht jede*r kann es schaffen. Glück gehört dazu. Und Geld und Beziehungen und gelegentlich eine ordentliche Prise Verschlagenheit. Der feste Glaube an den amerikanischen Traum zersetzt sich allmählich, wird löchrig und zerbricht. [schauspielhaus.ch]
Spannende Inszenierung, hie und da mit Längen. Den Text im Programmheft zu Ende lesen vor der Aufführung, hätte mir beim Verständnis zusätzlich geholfen. Textverständlichkeit nicht immer optimal -> Englische Untertitel -> warum nicht auch Deutsch?
Ich werde ein zweites Mal hingehen.
[Fotos: Zoe Aubry]





04.12.19
Pfauen

Nicolas Stemann
Schneewittchen nach den Gebrüdern Grimm

"...Stoppstoppstopp! So wurde diese Geschichte wohl schon zur Genüge erzählt. Aber: Was ist das überhaupt für ein Spiegel, der sich anmasst, in diesem Schönheitswettbewerb den Richter zu spielen? Liegt Schönheit nicht im Auge der Betrachtenden? Und hätten die sieben kleinen Herren Schneewittchen auch aufgenommen, wenn sie keinen Finger in ihrer Männer-WG gerührt hätte? Schneewittchens Vater muss derweil Geld verdienen («Konto, Konto, Kontostand – wer ist der Reichste im ganzen Land?») und kann ihr leider nicht helfen. Ausgehend von kindlichen Erlebniswelten überschreibt Nicolas Stemann das altbekannte Märchen und konfrontiert es mit dem oft absurden Alltag von Kindern und Eltern der Gegenwart. Indem er ein Stück für die ganze Familie inszeniert, erfüllt sich Stemann einen lang gehegten Wunsch. Denn die kindliche Anarchie und die Assoziationsreigen, die all seine Inszenierungen durchziehen, treffen mit dem Märchen auf ein Genre, das vermeintlich Kinder anspricht, dabei aber so manche Frage stellt, auf die auch nur wenig Erwachsene eine gute Antwort haben." [schauspielhaus.ch]
Aberwitzig, klug gebrochen, äusserst lustvoll gespielt, eine Freude!
 

[Fotos: Zoe Aubry]

 





08.12.19
Kirche Oberstrass
Tobias von Arb
Joyeux Noël

Zürcher Singkreis und das Ensemble Turicum

Henry Du Mont (1610-1684): Magnificat
Marc-Antoine Charpentier (1643-1704): Messe de Minuit pour Noël
Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville (1711-1772): Dominus regnavit
Michel-Richard de Lalande (1657-1726): Noëls en Trio

"Eine musikalische Gattung, die sich über mehrere Generationen von Komponisten zu höchster Blüte und Lebendigkeit entwickelte und unter demselben Namen in einer Stilepoche zu ganz unterschiedlichen Ausprägungen gelangte; die grosse kirchenmusikalische Ausdrucksweise des französischen Barocks, wie sie in deutschen Landen durch die "Kantate" verkörpertist: Das ist die "Grand Motet""  [Programmheft]
"Die «Grands Motets» sind typisch französisch und typisch Barock. «Gross» sind sie wegen nicht nur wegen ihrer Besetzung - sondern auch wegen ihrer Funktion als Repräsentationsmusiken für den Versailler Hof."  [srf.ch]
18.12.19
Pfauen
Yana Ross
Der Kirschgarten nach Anton Tschechow

"Wozu hier genau gespielt wird, werde nicht recht klar, so Simon Strauss in der FAZ (16.12.2019). "Um zu zeigen, welche Konflikte eine Tschechow'che Tragikomödie heute behandeln müsste? (...) Oder um zu beweisen, dass Tschechows traurig funkelnde Komik sich nicht so einfach doubeln lässt?" Bei Ross sei das hinzuerfunden Tragische zwar ernst gemeint und durch die Figur eines ertrunkenen Sohnes auch unterstrichen. "Aber irgendwie kommt der aus Improvisationen entstandene, kollektiv polyphone Sprachkörper von Autor, Ensemble, Regie und Dramaturgie' nicht richtig in Fahrt." Die einzige Sprache, die diese heruntergekommenen Familienmenschen miteinander sprechen können, ist die der Gewalt. Und damit werde einmal mehr ein allzu improvisierter Punkt gemacht. Fazit: "Das, was etwa einem Ewald Palmetshofer mit Hauptmanns 'Vor Sonnenaufgang' vorzüglich gelungen ist: Die genaue Übertragung der historischen Schicksalskonstellation in den zeitgenössischen Duktus, das geht hier schief. Bei der Überschreibung verrutschen die Abgründe." [nachtkritik.de, Presseschau]
Das sehe ich leider auch so.


[Fotos: Zoe Aubry]




19.12.19
Schiffbau Box
Trajal Harrell
Juliet&Romeo

"Nicht nur seine Art des Choreografierens spürt die in der zeitgenössischen Popkultur überlieferten Gesten und Gebärden des Tragischen auf. Vor allem er selbst, als Tänzer und Performer, entwickelt in seinen Bewegungen eine gespensterhafte Kraft und eigentümliche Zeitlichkeit, die dem Tragischen Raum bietet.
In seiner ersten Arbeit für ein deutsches Stadttheater hat sich Trajal Harrell zusammen mit einem männlichen Darstellerensemble Shakespeares Romeo und Julia angeeignet. Wie kann man den tragischen Moment des Todes (und der Tode) am Ende von Shakespeares Vorlage ausweiten, ausdehnen und aufrechterhalten? Wie geht es, die Sehnsucht zu verteidigen gegen die Verachtung der Welt und gegen den Schmerz? Harrell, ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Unüberschaubarkeit der Welt, gibt dem zeitgenössischen Tanz Schönheit, Glamour, Lässigkeit zurück. Theater? Realness!" [schauspielhaus.ch]
Ein eindrücklicher Abend. Eine ganz eigene Tanzsprache mit einzelnen Tänzern, die auf Anhieb gar nicht als solche daherkommen. Aber das täuscht gewaltig! Nachhaltig.


[Fotos: Orpheas Emirzas]




12.01.20
Boswil
Boswiler Meisterkonzerte
Regula Mühlemann & Chaarts

"Regula Mühlemann wurde in Luzern geboren. Nach ihrem Studium führten sie Engagements unter anderem als Despina («Così fan tutte») ans Teatro La Fenice nach Venedig. Im Sommer 2012 gab sie ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen. Sie sang diverse Opernpartien im In- und Ausland. Regula Mühlemann ist Exklusivkünstlerin von Sony Classical. Nach zwei Auftritten am Boswiler Sommer ist sie nun erstmals Gast eines Meisterkonzerts. Eingebettet in Griegs Peer Gynt-Suiten tummeln sich auf der imaginären Opernbühne dieses Konzerts zarte Feen- und Wunderwesen! Da trifft man auf die entrückte Solveig, aber auch auf die leidenschaftliche Königinnentochter Pamina. Regula Mühlemann, eine der schönsten Sopran-Stimmen der Gegenwart, entwarf mit den exzellenten Kammermusikern von Chaarts dieses märchenhafte Programm, das Wolfgang Renz für grosses Kammerensemble kongenial instrumentiert hat." [freiamt.regiomagazin.ch]
Gesang und Orchester vom Feinsten!


19.01.20
Opernhaus Zürich
3. Philharmonisches Konzert
Dirigent: Gianandrea Noseda
Violoncello: Narek Hakhnazaryan
Philharmonia Zürich

 
Franz Schubert
Ouvertüre zu «Die Zauberharfe» («Rosamunde»), D 644

Pjotr Tschaikowski
«Rokoko-Variationen» A-Dur op. 33

Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonie Nr. 3 a-Moll («Schottische»)

 

 


Violoncello: Narek Hakhnazaryan

Dirigent: Gianandrea Noseda
22.01.20
Schiffbau
Halle
Nicolas Stemann
Aufstand von oben - Der Streik

"Wie sieht er aus, der Aufstand von oben und Traum vom Glück, wenn die unternehmerische Elite – die selbsterklärten «wahren Künstler» – unter sich bleibt, an einem Ort ohne Gesetze, Vorschriften und Verwaltung, funktionierend mit einem autonomen Geldkreislauf und sich endlich selbst verwirklicht?
Die Vorlage der zweiten Inszenierung von Nicolas Stemann am Schauspielhaus Zürich ist der Roman Atlas Shrugged von Ayn Rand aus dem Jahre 1957 – in der deutschen Übersetzung: Der Streik (bzw. Atlas wirft die Welt ab, wie der Titel früher übersetzt wurde). Ayn Rand beschreibt hier die Geschichte des Kapitalismus als melodramatische Romanze.Es geht um eine Welt von Grossunternehmer*innen, die sich in ihrer Schaffenskraft und Kapitalakkumulation durch staatliche Regulierungen gebremst fühlen und daher beschliessen, in den Streik zu treten. Sie ziehen sich spurlos verschwindend zurück aus der Welt, um dieser zu zeigen, was passiert, wenn die Leistungsträger*innen ihren Job hinwerfen. Mit Nicolas Stemann erfährt diese Erzählung nun eine Überschreibung und wird zum Musical. Wir befinden uns in einer dystopischen Welt und wippen gleichzeitig mit den Füssen. Ganz nach Ayn Rand «Die Frage ist nicht, wer mich lässt, sondern wer mich stoppen will.»" [schauspielhaus.ch]
Wiederum eine abwechslungsreiche, musikalische, auch spannende Inszenierung von Nicolas Stemann.
Musiker, Bühnenbild&Kostüme und die engagierte Schauspieltruppe überzeugen. Weiter so!

Bilder Gina Folly




01.03.20
Pfauen
Alexander Giesche
Der Mensch erscheint im Holozän,

nach der Erzählung von Max Frisch
"Da rutscht ein Berg ab und ein Mensch verliert sein Gedächtnis. Viel mehr passiert erst einmal nicht in der Erzählung Max Frischs, die vor 40 Jahren erschienen ist. Der Protagonist Herr Geiser und der Berg driften sanft ins Vergessen. Die Katastrophe dauert und es gibt Schönes in ihr. So auch heute, da dem erdgeschichtlichen Zeitalter Holozän, in dem die Erde sich seit knapp 12.000 Jahren befindet, der Rang abgelaufen wird vom Anthropozän, dessen Name (anthropos = ‹Mensch› auf Altgriechisch) dem menschlichen Einfluss auf die Erdgeschichte Rechnung trägt. Es wird eine Zeit nach der menschlichen geben, so wie es eine Zeit vor ihr gab: «Katastrophen kennt allein der Mensch, die Natur kennt keine Katastrophen», – schreibt jedenfalls Max Frisch. Wird aber womöglich der Mensch, so mag man fragen, in letzter Minute nicht doch von seiner Erfindungsgabe gerettet, von seiner innigen Beziehung zur Technologie? Unter einem fast zärtlichen Blick verschwindet der Mensch und Demenzkranke Herr Geiser in der Erzählung – statt der Erdmassen erodiert hier langsam ein Selbst. Aber: Liegt im Vergessen nicht auch eine Erleichterung? Die Ästhetik Alexander Giesches, die sich immer zwischen Virtuellem und Analogem, zwischen Simulation und allzu Realem bewegt, macht die Schönheit in der Katastrophe und ihre Potenziale zur Heilung spürbar." [schauspielhaus.ch]

Einige sehr schön komponierte (Regen-)Bilder. Das fast beinahe tanzende Spitalbett, die Auftritte der 3D-Tierchen und Tyrannosaurus Rex haben mir sehr gut gefallen. Leider wieder: Laut die Lautsprecherwiedergaben (Hörgeräte zurückstellen), zu leise und undeutlich die gesprochenen Texte (Hörgeräte hinauffahren...)





[Fotos: Zoe Aubry]